Breymaier: Verfassungsschutz soll AfD beobachten
Mindestens zwei Landtagsabgeordnete der AfD Baden-Württemberg haben an den rechten Demonstrationen in Chemnitz teilgenommen. Für die SPD-Landeschefin ist das ein Fall für den Verfassungsschutz.
Den Anstoß gab die baden-württembergische SPD-Chefin Leni Breymaier: Die baden-württembergische AfD und ihre Abgeordneten sollten endlich vom Verfassungsschutz unter Beobachtung gestellt werden, forderte sie. Als Grund nannte sie die Teilnahme von mindestens zwei Abgeordneten bei den rechten Demonstrationen im sächsischen Chemnitz am Montag. Bei den Protesten und Gegendemonstrationen waren mindestens 18 Teilnehmer beider Lager und zwei Polizisten verletzt worden.
„Die AfD und ihre Abgeordneten sind eine Gefahr für unseren Rechtsstaat und unsere Demokratie“, teilte Breymaier am Dienstag in Stuttgart mit. Die AfD wolle im Kern den gesellschaftlichen Zusammenhalt sprengen und das Vertrauen in den Rechtsstaat untergraben.
Breymaier: „Feinde der Gesellschaft“
Wer keine Hemmungen habe, mit gewaltbereiten Rechtsradikalen und Neo-Nazis zu marschieren, die zu Selbstjustiz und Menschenjagd aufrufen würden, der gehöre eindeutig zu den Feinden der Gesellschaft und der Rechtsordnung. Breymaier sagte, man müsse „unsere Demokratie schützen – auch vor Parlamentariern, die unsere Werte offen ablehnen“. Es müsse aufgeklärt werden, welche Rolle die baden-württembergische AfD bei rechten Aufmärschen und Umtrieben spiele – und das sei Aufgabe des Verfassungsschutzes.
Die AfD wird derzeit nicht vom Verfassungsschutz beobachtet. „Der Verfassungsschutz ist kein politisches Instrument“, entgegnete eine Sprecherin des Innenministeriums. Dennoch äußerte sich Innenminister Thomas Strobl (CDU) ebenfalls kritisch zu den Besuchen der beiden AfD-Abgeordneten in Chemnitz: „Das bestätigt meine alte Position: Die AfD ist eine Schande mit Parteistatut. Ich bin überzeugt, der Verfassungsschutz muss ein scharfes Auge auf die AfD insgesamt und auf einzelne Personen aus der AfD haben.“ Wenn die Voraussetzungen für eine Beobachtung vorlägen, müsse schnell gehandelt werden.
FDP-Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke sieht bei der Alternative für Deutschland eine zunehmende Radikalisierung. „Die AfD-Fraktion im baden-württembergischen Landtag gleitet immer mehr nach rechts ab. Mittlerweile erkenne ich keinen Unterschied mehr zur NPD“, sagte Rülke der „Heilbronner Stimme“.
Räpple und Stauch in Chemnitz
Die AfD-Abgeordneten Stefan Räpple und Hans Peter Stauch hatten auf Twitter Fotos veröffentlicht, auf denen sie in Chemnitz zu sehen sind. Beide hatten unter anderem geschrieben: „Falls ich später mal gefragt werden sollte, wo ich am 27. August 2018 war, als die Stimmung in Deutschland kippte: Ja, ich war in Chemnitz dabei!“
„Es war eine politische Reise als Einzelabgeordneter“, sagte Räpple am Dienstag. „Von Krawalltourismus zu sprechen ist absurd, das war eine friedliche Demonstration, die mit Krawall überhaupt nichts zu tun hatte.“ Die Kritik könne er nicht nachvollziehen, er habe lediglich von seinem Versammlungsrecht Gebrauch gemacht. „Ich habe niemanden beleidigt oder angepöbelt, sondern habe einfach nur Gesicht gezeigt gegen die verfehlte Einwanderungspolitik der Bundesregierung.“ Solle der Verfassungsschutz ihn irgendwann beobachten, störe ihn das nicht, sagte Räpple. „Das wäre mir egal, diese Behörde ist nichts anderes als der Parteiengeheimdienst von CDU und SPD, eine neue Stasi.“
Auch Markus Frohnmaier, AfD-Bundestagsabgeordneter für den Kreis Böblingen, hatte sich auf Twitter zu den Ausschreitungen in Chemnitz geäußert. „Wenn der Staat sich nicht mehr schützen kann, gehen die Menschen auf die Straße und schützen sich selber“, schrieb er. Es sei Bürgerpflicht, die „todbringende Messermigration“ zu stoppen.
AfD-Landtagsfraktion widerspricht Breymaier
„Nicht die AfD treibt einen Keil in die Gesellschaft, sondern die Kartellparteien“, hieß es bei der AfD-Landtagsfraktion. „Die AfD hat nach wie vor volles Vertrauen in die Verfassungsschutzorgane des Landes“, sagte Fraktionschef Bernd Gögel. Der Geheimdienst habe bislang keine Veranlassung gesehen, die AfD unter Beobachtung zu stellen.
„Er wird dies auch zukünftig nicht tun, nur weil zwei Abgeordnete von ihrem verfassungsmäßigen Recht auf Teilnahme an einer friedlichen Demonstration Gebrauch gemacht haben.“ Wer sich in Deutschland so vehement gegen die Versammlungs-, Demonstrations- und Meinungsfreiheit ausspreche wie Breymaier, der entpuppe sich als wahrer Verfassungsfeind.
Inzwischen hat sich auch der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen zu den Vorfällen in Chemnitz geäußert. Im SWR sagte er, seine Partei habe lediglich am Sonntag friedlich demonstriert und sei an den Ausschreitungen am Montag in keiner Weise beteiligt gewesen. Die Verantwortung der AfD liege bei „exakt null“.