Mehr Fälle rechtsextremer Gewalt in Rheinland-Pfalz
Bei rassistischen oder antisemitischen Übergriffen können sich Betroffene an eine Anlaufstelle im Westerwald wenden: Sechs Monate nach Eröffnung will mPower nach Koblenz umziehen.
Ein halbes Jahr nach ihrem Start registriert die Beratungsstelle mPower für Betroffene von rechtsextremer Gewalt eine zunehmende Zahl von Anfragen. „Die Fallzahlen sind in diesem halben Jahr kontinuierlich gestiegen“, sagte der Projektleiter der Beratungsstelle MPower, Rolf Knieper. „Dabei haben wir noch mit der Problematik zu kämpfen, dass wir noch nicht so bekannt sind, wie es nötig wäre, damit wir flächendeckend aktiv sein können.“
Bei jährlich mehreren hundert politisch motivierten Straftaten aus dem rechtsextremen Umfeld – 2016 waren es 693 Fälle bei 79 Fällen aus dem linksextremistischen Bereich – sei die Arbeit der Beratungsstelle weiter nötig, sagte Knieper. Dabei sei die vom Landeskriminalamt erfasste politisch motivierte Kriminalität von Rechtsextremisten nur das von den Behörden festgestellte „Hellfeld“ – das tatsächliche Ausmaß gehe deutlich darüber hinaus.
Das Innenministerium teilte Ende vergangenen Jahres zu einer parlamentarischen Anfrage aus der Grünen-Fraktion mit: „Die Gefahr von rechtsmotivierten, insbesondere fremdenfeindlichen (Gewalt-) Straftaten besteht weiterhin fort.“
Bei mPower unterstützen drei Berater Menschen, die aus rechtsextremen oder rassistischen Motiven bedroht oder angegriffen werden. Die Beratungsstelle, die über das Bundesprogramm „Demokratie Leben“ gefördert wird, hat bislang ihren Sitz in Ransbach-Baumbach im Westerwald. Geplant ist ein Umzug nach Koblenz – damit soll die Beratungsstelle besser erreichbar werden. Für die Beratungsstelle stehen in diesem Jahr rund 120.000 Euro zur Verfügung.
In welchen Fällen haben die mPower-Berater Betroffenen helfen können? Als Beispiel nennt Knieper drei Studentinnen, über die nach einem Filmprojekt in Koblenz ein massiver „Shitstorm“ hereingebrochen sei, so dass Freundschaften zerbrochen seien und Menschen sich zurückgezogen hätten. „Das hat drei junge Menschen sehr beschädigt“, sagt Knieper. „Dafür sind wir wichtig, um zeitnah eine Trauma-Erstversorgung zu leisten.“
Der erste Schritt sei oft der schwierigste, sagt der Sozialpädagoge: „Sich zu überwinden und Hilfe anzunehmen.“ Bei Migranten stünden zudem oft Sprachbarrieren der Suche nach Hilfe entgegen. Die Berater haben auch antisemitische Übergriffe im Blick. „Auch deswegen ist es wichtig, dass es allen Bundesländern solche Beratungsstellen für Geschädigte gibt.“
Als Mitglied im Beratungsnetzwerk des Landes gegen Rechtsextremismus ist mPower mit dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung, dem Landeskriminalamt und der Präventionsagentur des Innenministeriums verbunden. sind dort zahlreiche Einrichtungen des Landes vertreten. Auch arbeiten die Berater mit den regionalen Polizeibehörden zusammen, um so frühzeitig Kontakt zu Betroffenen herstellen zu können. Ebenso sei die Zusammenarbeit mit dem Antisemitismus-Beauftragten des Landes von herausgehobener Bedeutung, teilt das Integrationsministerium mit.
Auch wenn ein halbes Jahr noch nicht ausreiche, um mPower flächendeckend in Rheinland-Pfalz bekannt werden zu lassen, „so lässt sich jedoch bereits jetzt feststellen, dass die Beratungszahlen seit der Einrichtung der Beratungsstelle kontinuierlich steigen“, erklärte das Integrationsministerium. Dies gelte auch für die Fort- und Weiterbildungsangebote der Beratungsstelle. |lrs