03.05.2018: Protest gegen Neues Hambacher Fest

Protest gegen Neues Hambacher Fest

Hambach/Homburg. Das Hambacher Fest gilt als eine Urszene der Demokratie. Nun kommt es zu einer umstrittenen Neuauflage. Kritik kommt auch aus der Saarpfalz.

Theophil Gallo, Landrat des Saarpfalz-Kreises, könnte sich freuen. Seit einigen Wochen schwärmt ein bekannter Mann vom Hambacher Fest als „Geburtsstunde der Demokratie in Deutschland“. Im „Spiegel“ und vielen anderen Medien. Damit fällt ein ein wenig Licht auf ein historisches Ereignis, von dem die meisten Deutschen zuletzt in ihrer Schulzeit gehört haben: Das Hambacher Fest, gefeiert von zehntausenden Menschen im Frühjahr 1832, gilt als eine Urszene demokratischer Bestrebungen hierzulande. Sozialdemokrat Gallo ist Vorsitzender der Siebenpfeiffer-Stiftung, benannt nach dem Publizisten Philipp Jakob Siebenpfeiffer, der von Homburg aus das Hambacher Fest initiierte.

Der Mann, der sich von Siebenpfeiffer so begeistert zeigt, dass er an diesem Samstag ein „Neues Hambacher Fest“ veranstaltet, heißt Max Otte. Otte ist Ökonom, CDU-Mitglied, erklärter AfD-Wähler. Berühmtheit erlangte er als Orakel der Finanzkrise. 2006 hatte der Professor der Hochschule Worms in einem Buch eine „neue Weltwirtschaftskrise“ vorausgesagt. Es trug den Titel: „Der Crash kommt“. Ähnlich alarmierend formuliert Otte auch heute. Ihn erinnert die Geschichte des Hambacher Festes an die Gegenwart. „Das Hambacher Fest ist für mich eine demokratische Erhebung der Bürger. Sie wehrten sich gegen Zensur und Fürstenherrschaft“, sagte er in einem Interview mit T-Online. Die Fürstenherrschaft sei eine Herrschaft von oben, die nicht demokratisch legitimiert gewesen sei, so Otte: „Das sehe ich heute wieder.“

Gallo gefallen diese historischen Anleihen ganz und gar nicht. Er hat in dieser Woche gegen Otte und dessen „Neue Hambacher Fest“ protestiert. Gegenüber der SZ spricht er von populistischen Strömungen, deren Akteure versuchten, historische Ereignisse oder Personen zu besetzen und für sich zu vereinnahmen. Gallo spricht von einer „perfiden Strategie, sich auf einer historischen Basis zu legitimieren“. Vor diesem Hintergrund klingt sein Lob für Otte, den Macher des „Neuen Hambacher Festes“, durchaus zweischneidig. Er halte Otte für einen hochintelligenten Menschen, sagt Gallo. Auch wenn dem Landrat klar ist, dass er mit der medialen Präsenz von Otte nicht konkurrieren kann, lässt er sich auf eine Auseinandersetzung mit ihm ein. Es ist ein Kampf zwischen David und Goliath. In dem es um nicht weniger geht als um die Deutungshoheit über das, was 1832 auf dem Hambacher Schloss geschah. Und welche Lehren man daraus für die Gegenwart zieht.

Max Otte hat eine eine „Hambacher Erklärung“ ins Netz gestellt, eine Petition mit 19 Kästchen. Hinter jeder steht eine Forderung. Ein Protest zum Ankreuzen. In einer „Präambel“ zur Petition heißt es, dass Meinungsfreiheit, Rechts- und Sozialstaat in Deutschland in vielerlei Hinsicht beschädigt seien. „Wir stellen mit Erschrecken fest, dass Zensur und zensurähnliche Praktiken wieder Einzug halten“, so Otte weiter. Die Diffamierung politisch Andersdenkender sei wieder an der Tagesordnung. Zu seinem „Neuen Hamburger Fest“ hat er sich Gäste eingeladen, die das ähnlich sehen dürften. Der ehemalige Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin („Deutschland schafft sich ab“) soll sprechen, ebenso die frühere DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld. Angekündigt hat sich auch AfD-Chef Jörg Meuthen. Die Veranstaltung verspricht, ein neurechtes Happening zu werden.

Die Siebenpfeiffer-Stiftung und die Hambach-Gesellschaft aus Mannheim reagieren darauf mit Presseerklärung. Unterzeichnet von Gallo und Wilhelm Kreutz, Geschichts-Professor und Vorsitzender der Hambach-Gesellschaft. „Gewiss kann es kein Monopol der Interpretation Hambachs oder des Hambacher Erbes geben“, steht in der Erklärung. Das Hambacher Fest sei nicht zuletzt eine Manifestation der Redefreiheit gewesen. In diesem abwägenden Ton ist nicht die gesamte Erklärung verfasst. Am Schluss ist klar von Anstrengungen die Rede, „sich das Image von Hambach zunutze zu machen“. Historiker Kreutz sagt über das, was bisher über bekannt ist: „Das ist nicht unser Verständnis von Hambach.“