27.07.2018: Teil eines „patriotischen Netzwerks“ – was steckt hinter der Wiesbadener Gruppe „Hand in Hand“?

Teil eines „patriotischen Netzwerks“ – was steckt hinter der Wiesbadener Gruppe „Hand in Hand“?

Mit nach Angaben der Polizei rund 60 Teilnehmern war die erste gemeinsame Veranstaltung der Bündnispartner in Mainz am vergangenen Samstag schwach besucht. Foto: Sascha Kopp

Wiesbaden – Für Sonntag von 14 Uhr an hat die Gruppe „Hand in Hand – gegen die Gewalt auf unseren Straßen“ zu einer Kundgebung auf dem Dernschen Gelände gegen die Asyl- und Flüchtlingspolitik aufgerufen.Gesellschaftlich ganz und gar positiv besetzte Slogans wie „Sicherheit für uns und unsere Kinder“ sind in diesem Fall eine Tarnkappe: Die Teilnehmer stehen zu einem großen Teil für rechtspopulistische Ansichten und rechtes Gedankengut. Gerechnet wird mit bis zu 150 Teilnehmern.

Im Juni in Erbenheim erstmals öffentlich aufgetreten

Angemeldet hat die Kundgebung eine 36-jährige Wiesbadenerin. Sie ist das Sprachrohr der Gruppe, die in der Erbenheimer Siedlung Hochfeld im Juni erstmals öffentlich aufgetreten war. Nach dem Verbrechen an der Mainzer Schülerin Susanna, die von einem Asylbewerber aus dem Irak getötet worden war.

In Erbenheim, so behauptet die 36-Jährige, sollen Straftaten und Übergriffe von Flüchtlingen an der Tagesordnung sein. Die Menschen könnten sich „nicht mehr sicher fühlen“. Für die von ihr behaupteten Straftaten gibt es laut Polizei keine Belege. Belegt sind nach Informationen dieser Zeitung dagegen eigene Straftaten der Frau. Es soll in der Vergangenheit rechtskräftige Verurteilungen zu Geldstrafen gegeben haben.

Gruppe versteht sich als Teil einer „Bürgerbewegung“

Das Verbrechen an Susanna wird bundesweit instrumentalisiert. Rechte, rechtsextreme und rechtspopulistische Gruppen nutzen auch dieses Verbrechen zur Mobilisierung für eigene politische Ziele. Für Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Die Verbrechen sorgen – völlig nachvollziehbar – auch für Entsetzen bei besorgten Bürgern außerhalb des rechten Spektrums. Die Asyl- und Flüchtlingspolitik löst heftige Debatten aus. Besorgte und Verärgerte sollen unter der Tarnkappe „überparteilicher Protestveranstaltungen“ angelockt werden. „Gefährlich ist insbesondere, dass besorgte Bürger neben Rechtsextremisten demonstrieren, ohne dass eine Abgrenzung zu deren extremistischem Gedankengut stattfindet“, hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz schon früher festgestellt.

Für sich allein genommen ist die Erbenheimer Gruppe „Hand in Hand“ auf lokaler Ebene nahezu bedeutungslos. Das will man ändern: Man hat sich nun verbündet, versteht sich als Teil einer „Bürgerbewegung“. Teil eines „patriotischen Netzwerks“. Auf dem Dernschen Gelände treten das „Frauenbündnis Kandel“ und die Mainzer Gruppe von „Beweg was“ auf, die „Patrioten NRW“ sind angekündigt. Hinter dem „Frauenbündnis Kandel“ steckt Marco Kurz, der mit 500.000 Menschen nach Berlin ziehen wollte, um aus Protest „gegen die politischen Fehlentscheidungen der letzten Jahrzehnte“ die Bundesregierung zum Rücktritt zu zwingen. Aus dem „Marsch 2017“ wurde nichts.

Kampferklärung gegenüber dem „System“

Es ist interessant, wer wen aus dem rechten Spektrum in den sozialen Medien bewirbt, verbal unterstützt und vereinnahmt. Die Gruppe „Hand in Hand“, wohl eher aber die Person der Demo-Anmelderin, scheint dort angekommen zu sein. Man landet in einem Konglomerat des Hasses. Bei vielen dieser Gruppierungen sind Fremdenfeindlichkeit und Rassismus eingebettet in eine grundsätzliche Demokratiefeindlichkeit. Man hat dem „System“, wie es abfällig tituliert wird, den Kampf erklärt. „Widerstand“, noch so ein Schlüsselwort, sei zur „nationalen Pflicht“ geworden.

Propagiert wird die Ideologie einer „Volksgemeinschaft“, beschworen wird das Szenario einer drohenden „Umvolkung“ durch die Zuwanderung ethnisch Fremder. Das Volk müsse sich endlich von der „Meinungsdiktatur“ befreien. Die „Lügenpresse“ ist festes Feindbild. „Wir brauchen keine Lügenpresse – jeder von uns ist Journalist“, hat die Anmelderin der Wiesbadener Demo am vergangenen Samstag bei einer Kundgebung in Mainz verkündet.