Strobl sieht rechtsextreme Tendenzen bei AfD
Die AfD-Abgeordnete Baum will am Samstag zu einem Schweigemarsch nach Chemnitz reisen. Innenminister Strobl spricht von „rechtsextremen Tendenzen“ in der AfD. Wie weit reichen die Verstrickungen in die rechte Szene?
„Diese Partei entwickelt sich in Richtung Rechtsextremismus“, sagte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) in Stuttgart. Er legte sich noch nicht definitiv fest, ob die AfD seiner Meinung nach künftig vom Verfassungsschutz beobachtet werden solle. „Die Beteiligung der AfD an den Vorgängen in Chemnitz schafft neue Fakten. Ich bin ganz sicher, dass diese Fakten in die Lageeinschätzung einfließen werden.“ Leni Breymaier (SPD) hatte bereits am Dienstag gefordert, die AfD vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen.
Christina Baum, AfD-Landtagsabgeordnete für den Main-Tauber-Kreis, hat angekündigt, am Samstag zu einem Schweigemarsch ins sächsische Chemnitz zu reisen. Björn Höcke, AfD-Fraktionsvorsitzender im Thüringer Landtag, hatte dazu aufgerufen. „Ich unterstütze diesen Aufruf und werde auch selbst dabei sein“, schrieb Baum am Mittwoch in einem Facebook-Post.
AfD-Abgeordnete prahlten mit Chemnitz-Besuch
Es muss aufgeklärt werden, welche Rolle die baden-württembergische AfD bei rechten Aufmärschen und Umtrieben spielt, forderte SPD-Landeschefin Breymaier. Das sei Aufgabe des Verfassungsschutzes.
Daniel Lede Abal (Grüne) will, dass das baden-württembergische Innenministerium eine Auswertung der Aufnahmen und Fotos aus Sachsen anfordert und die Erkenntnisse dem Landtag zur Verfügung stellt. „Wir wollen wissen, inwiefern baden-württembergische Personen bei diesen Aufmärschen beteiligt sind.“
Mindestens zwei Landtagsabgeordnete der AfD Baden-Württemberg hatten an den vergangenen rechten Demonstrationen in Chemnitz teilgenommen: Stefan Räpple, Abgeordneter aus dem Wahlkreis Kehl (Ortenaukreis), und Hans Peter Stauch aus dem Wahlkreis Hechingen-Münsingen (Zollernalbkreis). Das hatten sie auf Twitter mitgeteilt.
„Es war eine politische Reise als Einzelabgeordneter“, sagte Räpple am Dienstag. Von Krawalltourismus zu sprechen sei absurd. „Das war eine friedliche Demonstration, die mit Krawall überhaupt nichts zu tun hatte“, so Räpple.
Jobangebot für Justizbeamten
Dem Justizbeamten, der den Haftbefehl eines mutmaßlichen Täters der Messerattacke von Chemnitz veröffentlicht hat, hat Räpple unterdessen eine Stelle angeboten. Der Betreffende könne sein Team im baden-württembergischen Landtag verstärken, sagte er der Deutschen Presse-Agentur am Freitag in Stuttgart. Auf Facebook bezeichnete er den Mann als „Helden“. Der Justizvollzugsbedienstete war am Donnerstag mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert worden, wie das sächsische Justizministerium mitteilte.
Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft prüft Räpples Aussagen auf Facebook. „Der Staatsanwaltschaft Stuttgart ist der Vorgang bekannt“, teilte die Behörde auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur am Freitag mit. Es werde geprüft, ob sich daraus Anhaltspunkte für eine strafbare Handlung ergäben, die die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens rechtfertigen könnten.
Vertreter von SPD, FDP und Grünen äußerten sich kritisch zu dem Angebot des Landtagsabgeordneten.
Wie weit reichen die Verstrickungen in die rechte Szene?
Es ist nicht das erste Mal, dass sich die AfD nach Gewalttaten im Zusammenhang mit Flüchtlingen an rechten Demonstrationen beteiligt. Nach einer tödlichen Messerattacke auf einen Arzt in Offenburg hatte Räpple eine Mahnwache organisiert. Zuvor war das rheinland-pfälzische Kandel ins Visier rechtsextremer Gruppen geraten. Die Demonstranten kamen aus ganz Deutschland. Bei einem der Märsche war Baum Mitorganisatorin. Als Rednerin war sie bei einer weiteren Kundgebung mit dem Titel „Kandel ist überall“ dabei. Angemeldet hatte die Demonstration der Mannheimer Marco Kurz, der als Teil der rechten Szene gilt.