03.09.2018: Sondersitzung im Landtag angekündigt

Sondersitzung im Landtag angekündigt

Wegen der Teilnahme von zwei AfD-Landtagsabgeordneten bei den Protesten in Chemnitz wird es eine Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums im Landtag geben.

Die Sondersitzung soll am 19. September stattfinden. „Eine Einladung dazu wurde heute verschickt“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, Hans-Ulrich Sckerl (Grüne), am Montag in Stuttgart. „Wir sind alle an einer schnellen Aufarbeitung der Ereignisse von Chemnitz und an einer Aufklärung der Rolle von baden-württembergischen AfD-Abgeordneten interessiert“, begründete Sckerl die Sondersitzung.

Der Verfassungsschutz müsse nun alle relevanten Informationen, Bilder und Videos sammeln und sichten. „Es muss neu entschieden werden, ob die AfD oder einzelne Mitglieder vom Verfassungsschutz beobachtet werden, Abgeordnete eingeschlossen.“ Die AfD-Abgeordneten Stefan Räpple und Hans Peter Stauch hatten auf Twitter über ihre Teilnahme an den Protesten Anfang vergangener Woche in Chemnitz geschrieben.

Das Parlamentarische Kontrollgremium

Das Parlamentarische Kontrollgremium ist der Landtagsausschuss, der über die Arbeit des Landesamtes für Verfassungsschutz wacht. Die neun Abgeordneten, die dem Gremium angehören, dürfen auch in vertrauliche Akten des Verfassungsschutzes Einblick nehmen und sie können sich kurzfristig zu Besuchen im Amt ankündigen. Außerdem informiert der Geheimdienst sie regelmäßig über seine Arbeit.

SPD forderte „unverzügliche“ Aufarbeitung

Der SPD-Innenexperte Sascha Binder hatte sich am Montag in einem Schreiben an Sckerl gewandt und eine entsprechende Sondersitzung gleich nach der parlamentarischen Sommerpause gefordert. Den 25. Oktober, an dem das Gremium regulär tagt, hielt Binder für zu spät. „Ich möchte vom Landesamt für Verfassungsschutz wissen, wie es das Verhalten der AfD-Abgeordneten beurteilt“, hieß es in dem Schreiben. Die aktuellen Vorgänge seien „unverzüglich aufzuarbeiten und zu diskutieren“.

Man müsse darüber sprechen, welche Konsequenzen sich aus möglichen Erkenntnissen des Verfassungsschutzes ergäben, insbesondere für die Beobachtung der AfD oder einzelner AfD-Mitglieder durch den Verfassungsschutz.

Auch Politiker anderer Parteien, darunter Innenminister Thomas Strobl (CDU), kritisierten die Teilnahme der AfD-Abgeordneten an den Demonstrationen in Chemnitz. Dabei hatten Menschen den Hitlergruß gezeigt und rechtsextreme Parolen skandiert. Zudem wurden Demonstranten verschiedener Lager sowie Polizisten verletzt.

AfD weist Kritik nach Chemnitz zurück

Der AfD-Landtagsabgeordnete Rainer Podeswa warf den anderen Parteien und vor allem Strobl vor, auf dem linken Auge blind zu sein. SPD und Grüne kooperierten – etwa im Protest gegen die AfD in Heilbronn – mit Linksextremisten wie der „Interventionistischen Linken“, die vom Verfassungsschutz beobachtet werde. Es sei nicht zu erklären, sagte Podeswa, dass im Gegenzug die Teilnahme der AfD-Abgeordneten an einer Demonstration, die zu 99 Prozent friedlich verlaufen sei, als Rechtfertigung für Verfassungsschutz-Überlegungen diene und die AfD-Parlamentarier als „Brandstifter“ beleidigt würden.

Experten: Beobachtung eher unwahrscheinlich

Die aus Teilen der Politik geforderte Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz wird in Expertenkreisen kritisch gesehen. Die Hürden seien hoch, sagte Alexander Thiele vom Institut für Allgemeine Staatslehre und Politische Wissenschaften an der Universität Göttingen im SWR.

„Wir brauchen nachweisbare Bestrebungen einer Partei, die die freiheitliche, demokratische Grundordnung aushebeln sollen.“ Solche Äußerungen müssten der Partei als Ganzes zugeschrieben werden können und nicht nur Einzelpersonen. „Das scheint mir im Moment bei der AfD sehr schwierig nachzuweisen zu sein“, so der Verfassungsrechtler.