„Wir bleiben, bis Macron geht!“

Roppenheim: Im Gegensatz zu Paris blieb es bei Protesten der „Gelbwesten“ im Elsass weitgehend friedlich. Das Hauptquartier der „Gilets Jaunes“ ist in Roppenheim. Dort geht es um Wut auf Macron und Verschwörungstheorien über die vermeintliche „Lügenpresse“.
Während es in Paris am Wochenende erneut zu heftigen Krawallen der „Gilets Jaunes“ („Gelbwesten“) mit 1700 Festnahmen, 264 Verletzten und vielen geplünderten Geschäften kam, blieb es im Elsass und Lothringen weitgehend ruhig. Aber auch hier demonstrierten Menschen gegen die Politik des Präsidenten Macron – gegen eine ursprünglich geplante Ökosteuer auf Sprit, gegen hohe Lebenshaltungskosten und für eine Anhebung des Mindestlohns.
Kurz vor Metz brennen an einem Verkehrskreisel Paletten. Bei Saint Avold an der Grenze zum Saarland produzieren die Protestierer längere Staus. Auch in Roppenheim am Kreisel vor dem Einkaufszentrum „The Style Outlets“ protestieren die „Gelbwesten“. Ein Zelt neben der Fahrbahn dient ihnen als festes Quartier, mit Ofen, Schlafsofas, Glühwein und Küche.
Zu längeren Staus kommt es am gestrigen Sonntag allerdings kaum. Eines ist augenscheinlich: Die Solidarität der französischen Autofahrer am Kreisel ist hoch. Viele hupen, recken den Daumen oder haben gelbe Westen auf dem Armaturenbrett. Bei jedem Autofahrer mit deutschem Kennzeichen rufen die französischen Demonstranten auf Deutsch „Merkel muss weg“. Als ein Auto mit ZDF-Logo vorbeifährt, wird die Gruppe lauter: „Lügenpresse“, brüllen sie dem Kamerateam entgegen. Als kurz darauf der Reporter der RHEINPFALZ nach einem Interview fragt, ist die Stimmung angespannt bis feindselig. Eine heftige Diskussion auf Französisch beginnt. Soll man mit dem Reporter der vermeintlichen „Lügenpresse“ sprechen? Alle verneinen, bis auf Francis aus Lauterbourg, der ins Zelt bittet. Seinen Nachnamen will er nicht nennen.
„Wir machen hier weiter bis Macron geht. Wir haben die Schnauze voll. Die Sache mit der Benzinsteuer war nur der letzte Tropfen auf den heißen Stein“, sagt er auf Elsässisch. Er nennt sich selbst einen Pazifisten, aber manchmal helfe Gewalt, um sich eine Stimme zu verschaffen, sagt er in Hinblick auf die Ausschreitungen in Paris. Um das Gespräch mit Francis hat sich eine Gruppe gebildet, die zwar nicht reden will, aber gerne mal dazwischen pöbelt. Die Krawalle seien von der Polizei provoziert und inszeniert. Überhaupt: Von der Polizeigewalt spreche niemand. „Macron ist nur eine Marionette“, ruft ein Franzose mit dem T-Shirt der deutschen Metal-Band „Kreator“ dazwischen. Verschwörungstheorien machen die Runde. Berichtet wird von einem Mädchen, dem angeblich in Paris von der Polizei ein Auge ausgeschossen wurde. Darüber stehe nichts in der Presse. „Wir stehen für die Kraft des Volkes, Macron ist der Präsident der Reichen. Die Vermögenssteuer schafft er ab, wir kleinen Leute sollen bluten. Allein der Preis des Heizöls hat sich in kurzer Zeit fast verdreifacht. Es reicht. Wir bleiben und wenn wir hier ewig stehen“, sagt Francis.
Was denn die Alternative zu Macron sei? Der Mann aus Lauterbourg windet sich ein wenig, aber dann spricht er offen seine Sympathien für Le Pen und den Front National (mittlerweile in Rassemblement National umbenannt) aus. „Sie ist eine von uns. Sofortige Neuwahlen und dann Le Pen als Präsidentin, das wäre gut“, bekennt er.
Oft werden die „Gilets Jaunes“ als indifferente Bewegung, als Protest der Abgehängten vom Lande gegen die urbanen Eliten, skizziert – im Grunde keiner politischen Bewegung zuzuordnen. Hier im improvisierten Quartier bei Roppenheim ist die Stimmung jedoch eindeutig pro Le Pen. Ein älterer Herr, offensichtlich Deutscher, gesellt sich dazu. Er wünsche sich ähnliche Bewegung auch auf der anderen Rheinseite. Er sei Sachse und eigens 500 Kilometer an die badisch-elsässische Grenze gereist, um seine Solidarität zu zeigen. Gekommen war er kürzlich mit dem rechtspopulistischen „Frauenbündnis Kandel“ (die RHEINPFALZ berichtete). Er sei dann einfach geblieben. Er ist Mitarbeiter eines Abgeordneten im Bundestag, fügt er hinzu. Welcher Partei? „Sie können es sich denken, der AfD.“