12.11.2019: AfD-Abgeordneter Joachim Paul als Ausschussvorsitzender abgewählt

AfD-Abgeordneter Joachim Paul als Ausschussvorsitzender abgewählt

Joachim Paul ist nicht mehr Vorsitzender des Medienausschusses im Landtag von Rheinland-Pfalz. Vertreter aller anderen Fraktionen wählten den AfD-Politiker am Dienstag ab. Hintergrund sind Vorwürfe zu rechtsextremem Gedankengut.

Die Abwahl Pauls war einziger Tagesordnungspunkt der Sitzung am Dienstag. Für seine Abwahl stimmten die Ausschussvertreter von SPD, CDU, FPD und Grünen. Als Grund nannten sie „Hinweise über die Verbindung des Abgeordneten Joachim Paul zu rechtsextremem Gedankengut“. Paul hat dies wiederholt bestritten. Er blieb der Sitzung fern.

CDU-Fraktionschef Christian Baldauf und Grünen-Fraktionschef Bernhard Braun sagten, Paul habe sich nicht vom Begriff „Blackshirt“ distanziert. Das sei ein Begriff des italienischen Faschismus, sagte Baldauf. Auch SS-Leute hätten im Dritten Reich schwarze Hemden getragen. Braun sagte, die SS gehöre zum dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte. Wer sich davon nicht distanziere, sei für ihn auch als Abgeordneter nicht mehr tragbar, er könne in einem demokratischen Staat keine Bürger vertreten.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Martin Haller, sagte, Paul habe dem Ausschuss letztlich keine Wahl gelassen. Es stehe im Raum, dass Paul gegenüber dem Ausschuss und gegenüber der Öffentlichkeit die Unwahrheit gesagt habe.

Paul will Rechtmäßigkeit prüfen lassen

Paul war nicht zu der Ausschusssitzung erschienen. Auf einer Pressekonferenz der AfD-Fraktion erhob er am Vormittag schwere Vorwürfe gegen Landtagspräsident Hendrik Hering (SPD). Dieser habe sich über Regelungen der Geschäftsordnung des Landtags hinweggesetzt, sagte Paul.

Hering hatte zu der Sondersitzung eingeladen – und nicht wie sonst bei Ausschusssitzungen üblich der Ausschussvorsitzende, also Paul. Zu einem solchen Schritt sei Hering nur berechtigt gewesen, wenn er selbst bei der Einladung „schuldhaft“ gezögert hätte, sagte Paul. Dafür gebe es aber keinerlei Anhaltspunkte. Paul kündigte eine „intensive“ juristische Prüfung an.

SWR-Recherchen lösen Diskussion aus

Hintergrund der Vorwürfe gegen Paul sind unter anderem aktuelle Recherchen des SWR, wonach es starke Anhaltspunkte dafür gibt, dass er für eine NPD-nahe Zeitschrift geschrieben hat. Das hat Paul wiederholt bestritten, unter anderem im Medienausschuss, aber auch vor kurzem bei einem Schulbesuch in Koblenz.

Paul will AfD-Landeschef werden

Die Affäre um Paul hat zusätzliche politische Brisanz, weil der AfD-Abgeordnete gerne Uwe Junge als Landesvorsitzenden ablösen möchte. Bislang ist er der einzige Kandidat für den Posten, über den die AfD am Samstag auf einem Parteitag in Bingen entscheiden will. Der bisherige AfD-Landeschef Junge hatte angekündigt, sich nicht mehr zur Wahl zu stellen.

Die wichtigsten Fragen zur Abwahl Pauls

Wie ist die Sitzverteilung im Medienausschuss?

Von den zwölf Ausschussmitgliedern gehören fünf der SPD an, die CDU stellt vier, die FDP und die Grünen je ein ordentliches Mitglied. Paul war das einzige Mitglied der AfD-Fraktion. Bei Wahl und Abwahl eines Vorsitzenden reiche eine einfache Mehrheit, heißt es von der Landtagsverwaltung.

Um die Rechtmäßigkeit der Abwahl gibt es Streit. Warum?

Der ehemalige Ausschussvorsitzende Paul hätte nach Auffassung des Landtags unverzüglich zu der Sondersitzung mit dem Abwahlantrag einladen müssen. Da Paul dies nicht gemacht hat, sprach Landtagspräsident Hendrik Hering (SPD) die Einladung aus.

Paul hat nach eigenen Worten rechtliche Bedenken, ob der Abwahlantrag zulässig ist, und deshalb nicht eingeladen. Eine rechtliche Überprüfung laufe. Paul hatte Hering aufgefordert, die Einladung zu der Sondersitzung unverzüglich zurückzunehmen, weil er damit seine Rechte als Ausschussvorsitzender verletzt habe. Dies wiederum wies Hering zurück, das Prüfungsrecht stehe Paul nicht zu.

Wer könnte Pauls Nachfolger werden?

Das Recht auf den Ausschussvorsitz bleibt bei der AfD-Fraktion, die einen anderen Abgeordneten dafür benennen kann. Für die AfD-Fraktion ist Martin Louis Schmidt bislang stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Medien, Digitale Infrastruktur und Netzpolitik, wie das Gremium offiziell heißt. Stellvertretende Mitglieder nehmen in der Regel an der Sitzung teil, wenn die ordentlichen Mitglieder krank oder aus anderen dringenden Gründen verhindert sind.

Letztlich könnte aber auch ein anderer AfD-Abgeordneter als Schmidt auf Paul folgen. Wenn kein AfD-Abgeordneter gewählt werde, sei auch vorstellbar, dass der stellvertretende Ausschussvorsitzende Daniel Schäffner (SPD) die nächsten Sitzungen leite, heißt es bei den Fraktionen. Einen Termin für eine neue Wahl des Vorsitzenden gibt es noch nicht.

Wie viele Ausschussvorsitzende darf eine Fraktion übernehmen?

Der Landtag hat zu Beginn seiner Wahlperiode 15 Fachausschüsse gebildet. Die Zahl der Ausschussvorsitze, die jeder Fraktion zustehen, wird auf Basis der Sitzverhältnisse im Landtag ermittelt – also nach der Stärke der Fraktionen. Die AfD darf in der aktuellen 17. Wahlperiode zwei Ausschussvorsitzende benennen. Die Vorsitzenden wurden in der ersten Sitzung mit einfacher Mehrheit vom Ausschuss gewählt. Der SPD stehen sechs, der CDU fünf, der FDP und den Grünen je ein Ausschussvorsitz zu.

Wer erhält in welchen Ausschüssen den Vorsitz?

Die Fraktionen bestimmen entsprechend ihrer Stärke der Reihe nach die Ausschüsse, deren Vorsitz sie übernehmen möchten. Die stärkste Fraktion, also die SPD, hat den ersten Zugriff auf einen Ausschuss, dann folgt die nächststärkste (die CDU) – und so weiter. Dann ist wieder die SPD mit ihrem zweiten Ausschussvorsitzenden an der Reihe. Neben diesem formalen Zugriffsverfahren gibt es aber auch die Möglichkeit, dass sich die Fraktionen in einem Konsensverfahrens auf die Besetzung der Ausschussvorsitze verständigen.